Wer Glück hatte, konnte Francisco Gento fast bis zum Schluss an seinem Stadion sehen. Nicht nur bei den Spielen im Bernabeu, die der Ehrenpräsident von Real Madrid auch im hohen Alter besuchte. Sondern auch bei den täglichen Runden mit seinem Hund, denn Gento wohnte in unmittelbarer Nähe jenes Ortes, an dem er früher die Massen begeistert hatte. Der Mann, der einst aus dem hohen Norden, aus Kantabrien, nach Madrid kam, war am Ende seines Lebens längst mit dem Verein aus der spanischen Hauptstadt verwachsen.
Es war eine Beziehung, von der beide Seiten im Überfluss profitierten. Das noble Real Madrid schenkte Gento, der in den Jahren der aufkommenden Franco-Diktatur als Sohn eines bitterarmen Lastwagenfahrers geboren wurde, ein Leben jenseits der kargen Aussichten, die seine Herkunft versprach. Und der blitzschnelle Flügelstürmer zahlte zurück, ganze achtzehn Jahre lang, von 1953 bis 1971. Sagenhafte sechs Mal gewann er in dieser Zeit allein den Europapokal der Landesmeister, die ersten fünf Male von 1956 bis 1960 mit dem berühmten Weißen Ballett um Puskas und Di Stefano. Doch Gento war der Einzige aus diesem Wunderteam, der auch noch 1966 dabei war, als ein runderneuertes, fast nur aus Spaniern bestehendes Real Madrid den Henkelpokal noch einmal gewann. Francisco Gento, den sie „Paco“ nannten, ist deshalb der Fußballer, der diesen Wettbewerb öfter als jeder andere gewonnen hat.
Schneller als alle anderen
Das war anfangs nicht abzusehen. Als Gento zu Real Madrid kam, war er 19 Jahre alt und hatte gerade mal zehn Spiele für Racing Santander absolviert. In Madrid sahen sie sein Talent, allerdings auch seine Defizite. Der Linksaußen mit den muskelbepackten Oberschenkeln war schneller als alle anderen, jedoch taktisch unbedarft und mit ausbaufähigen technischen Fähigkeiten gesegnet. Manchmal legte er sich den Ball einfach vor, sprintete hinterher und merkte erst beim Aufprall am Zaun hinter der Torauslinie, dass die Flanke früher hätte kommen müssen. Ein Feingeist wie Alfredo Di Stefano war davon genervt und brüllte „Stop! Langsam!“, denn bei Gentos Geschwindigkeit kam der Rest der Mannschaft oftmals nicht hinterher. Andererseits war es der berühmte Argentinier, der verhinderte, dass Santiago Bernabeu den Rohdiamanten nach einem Jahr wieder nach Hause schickte. „Er ist schnell und hat einen Bombenschuss“, soll er zum Präsidenten gesagt haben. „Der Rest bringen wir ihm schon bei.“ Und so war es.
Obwohl Francisco Gento auch 43 Mal für das spanische Nationalteam spielte, verlief seine Länderspielkarriere nicht annähernd so erfolgreich wie die Klublaufbahn. Er war und blieb ein Held aus Madrid. Und dort starb Gento am 18. Januar 2022 im Alter von 88 Jahren.
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